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Der Senat hält an seiner bisherigen, in entsprechenden Fällen im Diesel-Abgasskandal vertretenen Auffassung fest, wonach Ansprüche aufgrund des Vorhandenseins einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht in Betracht kommen, wenn die Herstellerin im Typengenehmigungsverfahren gegenüber dem Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) alle erforderlichen Angaben wahrheitsgemäß und vollständig gemacht und das KBA auf dieser Grundlage die Typengenehmigung in bewusster Billigung vorhandener Abschalteinrichtungen erteilt hat. Denn in dem Fall ist wegen der sog. Tatbestandswirkung des Verwaltungsaktes im Zivilprozess von einer wirksamen Genehmigung auszugehen. In einem solchen Fall fehlt es daher schon an dem vom VIII. Zivilsenat des BGH angenommenen Grundmangel „der – gegebenenfalls mit weiteren Umständen – dazu führen kann, dass die Zulassungsbehörde eine Betriebsuntersagung oder -beschränkung vornimmt, weil das Fahrzeug wegen einer gegen Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VO 715/2007/EG verstoßenden Abschalteinrichtung nicht dem genehmigten Typ entspricht“ (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2020 – VIII ZR 57/19 -, juris Rn. 13).
Hier behauptet der Kläger, das KBA, welches sich stets auf die schriftlichen Angaben des Herstellers im Typengenehmigungsverfahren verlasse, sei von der Beklagten getäuscht worden. Vorliegend ist deshalb der Sachverhalt dahingehend aufzuklären, ob die Software zur Steuerung der Abgasreinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung enthält, die das KBA nicht erkennen und somit billigen konnte, sondern über deren Vorhandensein es von der Beklagten getäuscht worden ist.
Der Senat beabsichtigt zunächst die Einholung einer schriftlichen Auskunft des KBA, ob und ggf. mit welchem Ergebnis eine nachträgliche Überprüfung der Motorsteuerungssoftware stattgefunden hat (vgl. zur amtlichen Auskunft als Beweismittel allgemein z. B.: BGH, Urteil vom 21. April 2016 – I ZR 198/13 -, BGHZ 210, 77–113, Rn. 97).
Es soll daher Beweis erhoben werden über folgende Fragen:
1. Ist der im Fahrzeug des Klägers (VW Tiguan Highline 4Motion 2,0 l TDI, EURO 6, Erstzulassung 2017, Fahrgestellnummer …01) verbaute Dieselmotor EA 288 nachträglich, also nach Abschluss des ursprünglichen EGTypengenehmigungsverfahrens, vom Kraftfahrtbundesamt im Hinblick auf das eventuelle Vorhandensein einer nach Maßgabe des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typengenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzungsfahrzeugen (Euro 5 und 6) unzulässigen Abschalteinrichtung überprüft worden, gegebenenfalls mit welchem Ergebnis?
2. Ist in dem Fahrzeug des Klägers (VW Tiguan Highline 4Motion 2,0 l TDI, Dieselmotor EA 288, EURO 6, Erstzulassung 2017, Fahrgestellnummer …01) eine nach Maßgabe des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typengenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzungsfahrzeugen (Euro 5 und 6) unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut? Wird insbesondere die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringert, so dass aufgrund der installierten Software mithilfe vorgeschriebener physikalischer Randbedingungen – der Lenkwinkelerkennung, der Temperaturerkennung und der Zeiterfassung – der Prüfzyklus NEFZ erkannt wird und daraufhin entsprechende „Abgasnachbehandlungsevents“ „platziert“ werden, welche auf dem Prüfstand für eine kurzfristige Optimierung der Abgasnachbehandlung dergestalt sorgen, dass dem SCR- Katalysator eine erhöhte Menge des Harnstoffmittels „AdBlue“ zugeführt wird, so dass die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden, während im realen Fahrbetrieb die physikalischen Randbedingungen nicht in gleicher Weise vorliegen, und demzufolge weniger Harnstoff dosiert wird?
3. Soweit solche Einrichtungen vorhanden sind:
a) Sind die Einrichtungen nicht notwendig, um den Motor vor Beschädigungen oder Unfällen zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten;
b) arbeiten die Einrichtungen nicht länger, als zum Anlassen des Motors erforderlich ist;
c) sind die Bedingungen in den Verfahren zur Prüfung der Verdunstungsemissionen und der durchschnittlichen Auspuffemissionen im Wesentlichen enthalten?
4. Soweit unzulässige Abschalteinrichtungen vorhanden sind:
Sind diese Einrichtungen von der Beklagten im Typengenehmigungsverfahren gegenüber dem Kraftfahrtbundesamt, das zu den Quellcodes der Software keinen Zugang hat, sondern auf die schriftlichen Angaben des Herstellers angewiesen ist, verschwiegen bzw. durch unvollständige Angaben verheimlicht worden, sodass die erteilte Typengenehmigung nicht auf einer bewussten Billigung der vorhandenen Abschalteinrichtungen beruht hat, weshalb der Kläger damit rechnen muss, dass künftig eine Betriebsuntersagung oder -beschränkung drohen könnte? durch Einholung einer amtlichen Auskunft des Kraftfahrt-Bundesamts, F1. straße 16, 2… F2..
II. Soweit danach eine weitere Sachverhaltsaufklärung erforderlich ist, soll aus den im Hinweisbeschluss vom 1. April 2020 genannten Gründen Beweis erhoben werden über folgende Fragen:
1. Ist in dem Fahrzeug VW Tiguan Highline 4Motion 2,0 l TDI des Klägers (verbauter Dieselmotor EA 288, EURO 6, Erstzulassung 2017), Fahrgestellnummer …01, eine nach Maßgabe des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typengenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzungsfahrzeugen (Euro 5 und 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABI. L 171 vom 29. Juni 2007; VO 715/2007/EG) unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut? Wird insbesondere die die Wirkung von Emissionskontrollsystemen verringert, so dass aufgrund der installierten Software mithilfe vorgeschriebener physikalischer Randbedingungen – der Lenkwinkelerkennung, der Temperaturerkennung und der Zeiterfassung – der Prüfzyklus NEFZ erkannt wird und daraufhin entsprechende „Abgasnachbehandlungsevents“ „platziert“ werden, welche auf dem Prüfstand für eine kurzfristige Optimierung der Abgasnachbehandlung dergestalt sorgen, dass dem SCR-Katalysator eine erhöhte Menge des Harnstoffmittels „AdBlue“ zugeführt wird, so dass die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten werden, während im realen Fahrbetrieb die physikalischen Randbedingungen nicht in gleicher Weise vorliegen, und demzufolge weniger Harnstoff dosiert wird?
2. Wird die Abgasnachbehandlung bei dem vorgenannten Fahrzeug bei Temperaturen unter 17 °C und über 30 °C stark reduziert (sog. Thermofenster) mit der Folge eines unaufbereiteten Ausstoßes von Abgasen, wodurch im Normalbetrieb wesentlich mehr Stickoxide als auf dem Prüfstand ausgestoßen würden?
3. Soweit solche Einrichtungen vorhanden sind:
a) Sind die Einrichtungen nicht notwendig, um den Motor vor Beschädigungen oder Unfällen zu schützen und um den sicheren Betrieb des Fahrzeugs zu gewährleisten;
b) arbeiten die Einrichtungen nicht länger, als zum Anlassen des Motors erforderlich ist;
c) sind die Bedingungen in den Verfahren zur Prüfung der Verdunstungsemissionen und der durchschnittlichen Auspuffemissionen im Wesentlichen enthalten?
4. Soweit unzulässige Abschalteinrichtungen vorhanden sind:
Sind diese Einrichtungen von der Beklagten im Typengenehmigungsverfahren gegenüber dem Kraftfahrtbundesamt, das zu den Quellcodes der Software keinen Zugang hat, sondern auf die schriftlichen Angaben des Herstellers angewiesen ist, verschwiegen bzw. durch unvollständige Angaben verheimlicht worden, sodass die erteilte Typengenehmigung nicht auf einer bewussten Billigung der vorhandenen Abschalteinrichtungen beruht hat, weshalb der Kläger damit rechnen muss, dass künftig eine Betriebsuntersagung oder -beschränkung drohen könnte? durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Zur Beantwortung der Beweisfragen ist auch eine rechtliche Subsumtion unter die einschlägigen Typengenehmigungsvorschriften, insbesondere unter die in Frage 1 genannte EG-Verordnung erforderlich. Der Sachverständige soll die Beweisfragen einschließlich der immanenten rechtlichen Bewertungen aus technisch-sachverständiger Sicht beantworten. Letztlich hat der Senat über die rechtliche Einordnung und Bewertung zu entscheiden. Der Senat benötigt dazu jedoch sachverständige Beratung.
Soweit der Sachverständige zur Beantwortung der Beweisfragen technische Unterlagen bzw. technische Angaben der Beklagten gegenüber dem Kraftfahrtbundesamt im Typengenehmigungsverfahren benötigt, wird um entsprechende Zwischennachricht an das Gericht gebeten, damit von hier aus das Notwendige veranlasst werden kann.
Zum Sachverständigen wird bestellt:
Prof. Dr.-Ing. K. B1., Hochschule Aschaffenburg, Zentrum für Kfz-Elektronik und Verbrennungsmotoren, Aschaffenburg
III. Die Ergänzung, Abänderung oder Aufhebung von Beweisanordnungen bleibt auch im Hinblick auf zwischenzeitliche Beweisergebnisse ausdrücklich vorbehalten.