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Das LG Stuttgart hat in einem weiteren Urteil entschieden, dass auch Daimler im Abgasskandal haftet.
Das Urteil wurde von der Kanzlei Stoll und Sauer erstritten. Das gesamte Urteil finden Sie hier: https://www.vw-schaden.de/sites/default/files/2019-11/LG%20Stuttgart%2C%2020%20O%2073-19.pdf
Die Begründüng finden Sie hier:
Die zulässige Klage ist nur zu einem geringen Teil begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Zahlungsanspruch in der tenorierten Höhe gemäß 9812Abs. 1 Satz 1 BGB, S 142 Abs. 1,9123 Abs. 1 Var. 1,9124 Abs. 1 und Abs. 2 BGB LV.m. Art. 4 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 2 und Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 sowie ei- nen Freistellungsanspruch in der tenorierten Höhe gemäß ~ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 4 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 2 und Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
1. Zu Klagantrag 1
Dem Kläger stehen aufgrund einer von der Beklagten begangenen arglistigen Täuschung und derimNachgang erfolgten Anfechtungserklärung des Klägers vom 20.03.2018 (An!. K2) die im Tenor Zjffer1genanntenAnsprüchegemäß9812Abs.1Satz1BGB,9142Abs.1,9123 Abs.1Var.1,9 124 Abs. 1 und Abs. 2 BGB LV.m. Art. 4 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 2 und Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 zu.
a) Die Beklagte hat den Kläger arglistig getäuscht, indem sie ihm im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Vertrag verschwiegen hat, dass das streitgegenständliche Fahrzeug nicht den Vorgaben von Art. 4 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 2 und Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 entsprach, wonach dieses bei normalen Betriebsbedingungen die Grenzwerte des Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 nicht überschreiten darf.
aa) Die Beklagte führt zur Behauptung des Klägers, das Fahrzeug stoße Stickoxide aus, die um das Zig-Fache höher lägen als es die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 vorsehe, nämlich im realen Fahrbetrieb mindestens 600 bis 2.000 mg/km an Stickoxid, im Kern folgendes aus: Der Kläger verkenne, dass die Emissionsgrenzwerte der Euro-Normen mit detailliert normierten Prüfbedin- gungen verknüpft seien. Ohne Relevanz sei daher, welches Emissionsverhalten das Fahrzeug außerhalb der maßgeblichen gesetzlichen Prüfbedingungen habe. Dieser Vortrag kann nur so verstanden werden, dass das Fahrzeug die in Anhang I der Verordnung genannten Werte nicht auch unter den normalen Betriebsbedingungen im realen Straßenverkehr einhält.
bb) Nach der zutreffenden höchstrichterlichen Rechtsprechung sind aber die im Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 genannten Grenzwerte auch im realen Fahrbetrieb unter normalen Betriebsbedingungen einzuhalten (EuG, Urteil vom 13.12.2018 – T-339/16, juris Rn. 115 ff., insbe- sondere Rn. 118, 122 und 137; BGH, Beschluss vom 08.01.2019 – VIIIZR 225/17, juris Rn. 10). Für die Richtigkeit dieser Auslegung spricht der klare Wortlaut von Art. 4 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 Un- terabsatz 2 und Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007. ErgänzenQ spricht dafür auch Art. 10 Abs. 1 der Verordnung, der die Befugnisse der nationalen Behörden bei der Gewährung ei- ner Typgenehmigung regelt und dabei ausdrücklich nicht nur auf die Durchführungsmaßnahmen
der Verordnung abstellt, sondern auch auf die Verordnung selbst.
Anhaltspunkte für einen abweichenden gesetzgeberischen Willen sind nicht erkennbar.
(1) Erwägungsgrund 15 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 stützt die Rechtsansicht der Beklag- ten nicht. Im Gegenteil: Nach Satz 3 dieses Erwägungsgrundes können Überprüfungen (gemeint: der Europäischen Kommission) erforderlich sein, um zu gewährleisten, dass die bei der Typge- nehmigungsprüfung gemessenen Emissionen denen im praktischen Fahrbetrieb entsprechen. Damit hat der hier in Gestalt des Europäischen Parlamentes und des Rates sprechende europäi- sche Gesetzgeber einen Auftrag an die Europäische Kommission dahingehend erteilt, dass die Prüfstandsituation die Situationen außerhalb des Prüfstands im realen Fahrbetrieb angemessen
abbildet. Damit hat der europäische Gesetzgeber die Wertungen in Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz 2, Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 2 und Art. 5 Abs. 1 der Verordnung unterstrichen, wonach bei normalen Betriebsbedingungen die Grenzwerte laut Anhang I der Verordnung eingehalten werden müssen.
(2) Auch die in Art. 5 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 genannten Ausnahmetat- bestände rechtfertigen keine Abweichungen von den in Art. 4 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 2 und Art. 5 Abs. 1 der Verordnung gemachten Vorgaben. Art. 5 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung ist, wie sich der Gesetzessystematik entnehmen lässt, eine Ausnahmevorschrift zu Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung, nicht aber zu den übrigen Vorschriften der Verordnung.
(3) Soweit die Europäische Kommission in der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 ein Prüfverfahren bestimmt hat, welches ggf. weniger strenge Anforderungen an die Emissionsbegrenzung stellt als die Verordnung (EG) Nr. 715/2007, ändert dies nichts daran, dass daneben die Bestimmun- gen der zuletzt genannten Verordnung einzuhalten waren. Aus dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 2, Art. 5 Abs. 1 und Art. 10 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 er- gibt sich ausdrücklich, dass ein Fahrzeug nicht nur den Durchführungsmaßnahmen der Verord- nung entsprechen muss, sondern auch der Verordnung und ihrem Anhang I selbst. Daraus erhellt, dass ein Fahrzeug nicht allein deswegen gesetzeskonform ist, weil für den betreffenden Fahrzeugtyp ein offizieller Emissionstest auf dem Prüfstand erfolgreich durchlaufen wurde. Nichts anderes ergibt sich aus dem Verweis der Beklagten auf die Richtlinie 70/220/EWG und die Ziffer 5.3.1.4 des dortigen Anhangs I. Diese Regelung bezieht sich, wie aus der Überschrift der Ziffer 5.3 – „Beschreibung der Prüfungen“ – erhellt, auf die Situation im Prüfstand.
(4) Weiter kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass nach der Verordn~ng (EU) 2017/1151 die Grenzwerte bei den RDE-Messungen (Real-Driving-Emissions-Messungen) um das 2,1-fache überschritten werden dürfen. Die diese Verordnung erlassende Europäische Kom- mission hat mit der betreffenden Bestimmung unter Verkennung der Anordnungen der Verord- nung (EG) Nr. 715/2007 die Grenzen ihrer Befugnis nicht beachtet (Gericht der Europäischen Union – Urteil vom 13.12.2018 – T-339/16, juris Rn. 137).
ce) Das Merkmal der Arglist ist bei der Beklagten bzw. ihren Mitarbeitern, deren Wissen sie sich gemäß ~ 166 BGB zurechnen lassen muss, gegeben. Es mag sein, dass sich diejenigen Mitar- beiter, die bei der Beklagten mit der Umsetzung der Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 sowie der Beachtung weiterer gesetzgeberischer Vorhaben in diesem Zusammenhang betraut waren, nicht mit jeder einzelnen Vorschrift und jeder einzelnen juristischen Verästelung der The- matik befasst haben. Es besteht jedoch eine tatsächliche Vermutung dahingehend, dass die be- treffenden Mitarbeiter die zentralen Vorschriften des Art. 4 und des Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 gelesen haben, und eine weitere tatsächliche Vermutung dahingehend, dass derje- nige, der Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz 2, Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 2 und Art. 5 Abs. 1 der Verord- nung (EG) Nr. 715/2007 liest, zum Schluss gelangt oder damit rechnet, dass die Grenzwerte aus
Anhang I der Verordnung auch im realen Fahrbetrieb unter üblichen Betriebsbedingungen einzu- halten sind.
b) Die Täuschung des Klägers über das Nichteinhalten der genannten Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 war ursächlich für seinen Entschluss, den streitgegenständlichen Kaufvertrag abzuschließen. Es liegt auf der Hand, dass ein Käufer nur ein Fahrzeug erwerben möchte, wei- ches die gesetzlichen Vorschriften einhält. Vorliegend bestand aber die konkrete Gefahr, dass je- derzeit die Zulassung widerrufen werden konnte, weil das Fahrzeug tatsächlich die Zulassungs- voraussetzungen nicht erfüllte. In der Folge drohten dem Kläger in Bezug auf sein Fahrzeug Nut- zungsbeschränkungen und ein Wertverlust. Die von der Beklagten auf S. 6 f. des Schriftsatzes vom 18.10.2019 erwähnte, vom Gericht der Europäischen Union tolerierte Übergangsfrist betrifft eine durch neueres, hier nicht maßgebliches Recht geschaffene unklare Rechtslage mit Blick auf
offizielle Tests, nicht aber den vorliegenden Fall, mit Blick auf welchen wie beschrieben keine unklare Rechtslage vorliegt. Selbst wenn man verneinen wollte, dass beim streitgegenständlichen Fahrzeug die konkrete Gefahr des Entzugs der Zulassung gegeben ist, ist wegen Nichteinhaltung der gesetzlichen Stickoxidwerte die Gefahr der nachträglichen behördlichen Anordnung von Nachrüstungsmaßnahmen im Vergleich zu solchen Fahrzeugen, die die Grenzwerte einhalten, erhöht.
c) Die Anfechtung erfolgte durch das Schreiben vom 20.03.2018. Die 1-Jahres-Frist des 9 124 BGB ist eingehalten. Es kann nicht angenommen werden, dass der Kläger die von der Beklagten (Schriftsatz vom 30.07.2019, S. 3 =BI. 224 d.A.) näher bezeichneten Stellungnahmen bzw. Arti- kel gemäß 9 124 BGB bereits mehr als ein Jahr vor der Anfechtung des Kaufvertrags mit Schrei- ben vom 20.03.2018 kannte. Solches wird von der Beklagten auch nicht behauptet. Der durch die Anfechtung ausgelöste Bereicherungsanspruch ist 2018 entstanden und noch nicht verjährt.
d) Der Höhe nach hat sich der Kläger ausgehend von den gezahlten 48.135,05 € folgende Abzüge gefallen zu lassen:
– gemäß § 818 Abs. 2 BGB den Betrag von 21.300 €, den er im Zuge der Weiterveräußerung des Fahrzeugs erhalten hat;
– gemäß § 818 Abs. 1 BGB Nutzungen in Höhe von 24.632.29 € für die Zeit ab dem Kauf bis zur Weiterveräußerung, wobei das Gericht dabei die Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Fahrzeugs gemäß §287 ZPO auf 250.000 km geschätzt hat.
Danach besteht noch eine Restforderung in Höhe von 2.202,76 €.
e) Angesichts des Aufforderungsschreibens vom 20.03.2018 (Anl. K2), mit welchem Zahlung unter Fristsetzung 03.04.2018 gefordert wurde, hat die Beklagte gemäß §280 Abs. 1, §286, § 288 Abs. 1 BGB Verzugszinsen in der tenorierten Höhe zu bezahlen.
2. Klagantrag 2
Dieser Antrag war abzuweisen. Ein Feststellungsinteresse ist nicht gegeben. Soweit der Kläger Zinsen gemäß §849 BGB begehrt, wären diese (das Vorliegen der Voraussetzungen des § 849 BGB unterstellt) bereits bezifferbar. Soweit der Kläger mit der Gefahr von Steuernachforderungen argumentiert (S. 19 des Schriftsatzes vom 17.07.2019 = BI. 205 dA), hat er nicht näher dargelegt, dass mit Steuernachforderungen konkret zu rechnen ist.
3. Klagantrag 3
Der Kläger kann auf der Grundlage einer hier angemessenen 1,3-Gebühr die Freistellung von vor- gerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren in der tenorierten Höhe gemäß ~ 280 Abs. 1, S241 Abs. 2,S311 BGB LV.m. Art. 4 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 2 und Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 verlangen, wobei dieser Anspruch im hier gegebenen Fall der Arglist gerade nicht durch einen etwaigen Vorrang der Vorschriften über die Sachmängelgewährleistung nach SS434 ff. BGB ausgeschlossen ist (BGH, Urteil vom 27.03.2009 – V ZR 30/08, juris Rn. 19 und 24). Selbst wenn man dies anders sähe, wäre aus nachfolgenden Gründen ein Anspruch auf Freistel- lung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in der tenorierten Höhe gemäß ~ 823 Abs. 2 BGB LV.m. Art. 4 Abs. 1, Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 2 und Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 gegeben.
a) Ein fahrlässiger Normverstoß liegt vor.
aa) Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (PalandUSprau, BGB, 78. Aufl., §823 Rn. 42 LV.m. PalandUGrüneberg, BGB, 78. Aufl., §276 Rn. 12). Nach den Verkehrsgepflogenheiten wäre angesichts der Bedeutung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 für das Funktionieren des Binnenmarkts im Sinne harmonisierter Rechtsvorschriften und ein hohes Umweltschutzniveau (Erwägungsgrund 1 der Verordnung), aber auch für die korrekte Information von Verbrauchern und Anwendern (Erwägungsgrund 17 der Verordnung), eine eingehende Befas- sungder Beklagten mit den oben erörterten Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 und ihrem rechtlichen Rahmen erforderlich gewesen. Nicht diesem hohen Sorgfaltsmaßstab genügend war, dass sich die Beklagte auf die Überlegung zurückzieht, dass es genüge, die Prüfstandtests zu bestehen. Für die Richtigkeit dieser Überlegung liefert die genannte Verordnung und ihr rechtlicher Rahmen wie dargestellt keine Anhaltspunkte.
bb) Die dafür beweispflichtige (vgl. BGH, Urteil vom 13.12.1984 -111ZR 20/83, NJW 1985,1774, 1775) Beklagte hat keine Umstände dargelegt oder bewiesen, die geeignet sind, die Annahme ih- res Verschuldens auszuräumen. Nicht genügend ist zwar, dass allgemein ein gesetzlicher oder gewillkürter Vertreter der Beklagten gehandelt hat, erforderlich ist vielmehr, dass ein verfassungs- mäßiger Vertreter gehandelt hat (PalandUSprau, BGH, 78. Aufl., S823 Rn. 77). Vom Handeln ei- nes verfassungsmäßigen Vertreters – hier in Gestalt der Verkennung der Vorgaben der Verord- nung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 – ist aber zwingend auszugehen, nachdem die Vorgaben so bedeutsam sind, dass diejenige Person oder diejenigen Personen, die bei der Beklagten mit der Erfüllung der Vorgaben betraut ist bzw. sind, als verfassungsmäßiger Vertreter anzusehen ist bzw. sind (vgl. PalandUEllenberger, BGB, 78. Auf!., 9 31 Rn. 6). Unerheblich ist, ob ihr oder ihnen rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht eingeräumt worden ist (PalandUEllenberger, aaO).
b) Bei Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz 2, Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 2 und Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 handelt es sich um Schutzgesetze LS.d. ~ 823 Abs. 2 BGB.
Eine Norm ist nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung dann Schutzgesetz im Sinne des S 823 Abs. 2 BGB, wenn sie nach Zweck und Inhalt zumindest auch dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Dafür kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zu Gunsten von EinzeIperso- nen oder bestimmten Personenkreisen gewollte oder doch mit gewollt hat. Es genügt, dass die
Norm auch das in Frage stehende Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben. Andererseits soll der Anwendungsbereich von Schutzgesetzen nicht ausufern. Deshalb reicht es nicht aus, dass der Individualschutz durch Befolgung der Norm als ihr Reflex objektiv erreicht werden kann, er muss vielmehr im Aufgaben- bereich der Norm liegen. Zudem muss die Schaffung eines individuellen Schadensersatzan-
spruchs sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheinen, wo- bei in umfassender Würdigung des gesamten Regelungszusammenhangs, in den die Norm ge- steilt ist, geprüft werden muss, ob es in der Tendenz des Gesetzgebers liegen konnte, an die Ver- letzung des geschützten Interesses die deliktische Einstandspflicht des dagegen Verstoßenden mit allen damit zugunsten des Geschädigten gegebenen Beweiserleichterungen zu knüpfen
(BGH, Urteil vom 13.12.2011 – XI ZR 51/10,juris Rn. 21).
Diese Vorgaben sind vorliegend erfüllt.
aa) Dies ergibt sich zunächst aus Erwägungsgrund 17 der Verordnung, wonach die Verbraucher objektive und genaue Informationen über den Kraftstoffverbrauch und Kohlendioxidemissionen er- halten sollen. Unerheblich ist, dass in dem Erwägungsgrund sowie in dem damit korrespondie- renden Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Stickoxidemissionen nicht genannt sind. Es liegt fern, dass der Normgeber zwar sicherstellen wollte, dass Verbraucher und Anwender objektive und genaue Informationen zu Kohlendioxidemissionen erhalten, aber zugleich zulassen wollte, dass ihnen die Nichteinhaltung der Grenzwerte der Verordnung für Stickoxidemissionen verborgen bleiben darf. Der Individualschutz liegt damit im Aufgabenbereich der Normen zur Begrenzung der Stickoxid-
emissionen und erweist sich nicht lediglich als deren Reflex. Nach den oben genannten Maßga- ben ist unerheblich, dass daneben die Normen weitere Belange schützen wie zum Beispiel das Funktionieren des Binnenmarkts oder das Erreichen einer hohen Luftqualität. Die Annahme eines Individualschutzes fügt sich auch in den von der Verordnung vorgegebenen Haftungsrahmen, insbesondere deren Art. 13, ein. Danach müssen die Sanktionen bei Verstößen gegen die Verordnung verhältnismäßig sein. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt, nachdem sich der klagen- de Verbraucher seine gezogenen Nutzungen anrechnen lassen muss, also keine über seinen
Vermögensschaden hinausgehenden Ansprüche geltend machen kann. Nach Art. 13 der Verordnung müssen die Sanktionen zugleich wirksam und abschreckend sein. Dieser gesetzgeberischen Intention wird die Verleihung eines deliktsrechtlich vermittelten Individualrechtsschutzes für
Autokäufer gerecht.
bb) Aber auch dann, wenn man die vorstehenden Erwägungen nicht teilen wollte, wären Art. 4 Abs. 1 Unterabsatz 2, Art. 4 Abs. 2 Unterabsatz 2 und Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 Schutzgesetze LS.d. S823 Abs. 2 BGB, da es auf deren Individualschutzweck nicht einmal ankommt. Denn bei den genannten Bestimmungen der Verordnung handelt es sich um unmittelbar geltendes Unionsrecht (vgl. MüKoBGBlWagner, 7. Aufl., S823 Rn. 481 mwN).
11.
Die Kostenentscheidung beruht auf S 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in S709 ZPO. Bei der Streitwertfestsetzung wurden S3 ZPO, S48 Abs. 1 GKG herangezogen.